Hochbegabung


"Intelligenz ist die Fähigkeit, sich an Veränderungen anzupassen."
Steven Hawking


Überflieger – mühelos lernen, super Noten, super Karriere...

Intelligenz, IQ, Kreativität sind kognitive Kategorien, die oft benutzt werden, um Hochbegabung zu beschreiben. Doch diese Beschreibung fasst zu kurz. Andere Merkmale sind zum Beispiel eine hohe neuronale Erregbarkeit, ein besonders intensives Erleben von Gefühlen und Emotionen oder auch Unbeholfenheit in sozialen Interaktionen.
Weil ihre Gedankengänge für andere Menschen oft nicht einfach nachzuvollziehen sind, empfinden sich Hochbegabte als anders und haben das Gefühl, etwas stimme nicht mit ihnen.

Unverstanden

Gerade die Unsicherheit im Umgang mit anderen Menschen führt dazu, dass Hochbegabte typischerweise missverstanden und unterschätzt werden von ihren Mitmenschen, von ihrer Umwelt, und oft auch von sich selber.  So wird es schwieriger, das eigene Potenzial ganz zu entfalten. Sie spüren zwar vielleicht, dass da "etwas ist", aber wissen nicht, was genau oder sie glauben schlicht nicht daran. 


Einsamkeitsgefühle

Nicht verstanden werden bewirkt, dass hochbegabte Menschen sich einsam fühlen können und sich als Aussenseiter empfinden - ähnlich wie Hochsensible.
In meiner Erfahrung sind die beiden wichtigsten Aspekte dabei, dass die Hochbegabung überhaupt erkannt wird und dass sie von den Hochbegabten selber akzeptiert wird. 

Unerkannt

Über das Thema zu reden, ist nicht einfach. Wer sagt von sich schon, „ich bin hochbegabt“? Das Risiko ist gross,  das Etikett "eingebildet" oder "arrogant" zu bekommen und so geschieht es, dass viele ihre Hochbegabung verstecken und sich verstellen (müssen). Diese ständige Konformität bedeutet einen enormen Aufwand und grossen Energieverlust (Devianzerschöpfung*). 
Kein gesunder Zustand.
*Deviance fatigue (Kerr & Cohn, 2001)

Die Chance der Früherkennung

Wird die ausserordentliche Begabung bereits im Kindesalter erkannt, kann das Kind gefördert werden. Besondere Bedürfnisse und Auffälligkeiten werden berücksichtigt, das soziale Umfeld kann so gestaltet werden, dass das Kind seine Begabung als normal empfindet und sich frei entfalten kann.

Wenn die Hochbegabung in der Kindheit jedoch nicht erkannt wird, hat das Kind früh das Gefühl des "Anderssein". Und es weiss nicht warum. Es versucht, sich anzupassen, will nicht auffallen, um nicht gehänselt oder ausgegrenzt zu werden. Das Selbstwertgefühl beginnt zu leiden und es kann gut passieren, dass das Kind deswegen nur mittelmässige oder sogar schlechte Leistungen erbringt. So fällt die besondere Intelligenz gar nicht auf. Die Gefahr ist gross, dass so ein Kind auffällige Verhaltensweisen entwickelt, die das Leben noch schwerer machen.


Das verkannte Genie: Vorsicht, Rücksicht, Verzicht

Im Erwachsenenalter werden die Auswirkungen unerkannter Hochbegabung noch gravierender empfunden. Es kann sein, dass ein völlig falscher Lebensweg eingeschlagen wird, dass man unter den Erwartungen geblieben ist, vielleicht eine Depression entwickelt, weil die eigenen Bedürfnisse nicht ernst – oder vielleicht gar nie wahrgenommen wurden. Einsamkeit und ein niedriges Selbstwertgefühl sind oft die Folgen. Hochbegabte können aus diesem Grund leicht zum Spätzünder werden.
Aber besser spät als nie!


4 einfache Hauptmerkmale:


  1. hohe Intelligenz
  2. grosses Wissensbedürfnis
  3. Originalität
  4. gesunder Menschenverstand

Eine Auswahl der vielfältigen Wesenszüge im Einzelnen:

kognitiv:
  • originell, ungewöhnliche Ideen, Kreativität, verbindet scheinbar voneinander unabhängige Ideen. Überlegenheit beim logischen Denken, Generalisieren und Probleme lösen.
  • lebhafte und reiche Vorstellungskraft
  • extensiver Wortschatz, verbale Fähigkeiten, ist von Worten fasziniert, lernt schnell neue Dinge, vorzügliches Langzeitgedächtnis, begierige Leser
  • lernt Neues schnell
  • ausgezeichnetes Langzeitgedächtnis
  • komplexe und tiefe Gedankengänge, abstraktes Denken
  • gleichzeitiges Denken in verschiedene Richtungen, schnell

Wahrnehmung, Emotionen
  • emotionale Intensität, starke Extreme
  • hochsensibel
  • hoher Sinn für (aussergewöhnlichen) Humor
  • sehr aufmerksam, gutes Beobachten
  • leidenschaftlich bis getrieben
  • empfänglich für kleine Veränderungen im Umfeld
  • Bewusstsein für Dinge, die andere nicht bemerken, erfährt die Welt anders
  • kann mit Zweideutigkeit und Komplexität gut umgehen
  • kindliches Staunen
  • offen für Erfahrungen

Motivation, Werte
  • Perfektionistisch, stellt hohe Ansprüche an sich und andere
  • sehr wissbegierig
  • sehr unabhängig, weniger motiviert durch Belohnungen oder Lob
  • sucht die ultimative Wahrheit, nach Mustern und Zusammenhängen, nach dem Sinn des Lebens
  • Empörung bei Ungerechtigkeit, guter Gerechtigkeitssinn
  • mag Herausforderungen, eine Neigung Risiken einzugehen
  • starke moralische Überzeugung, Integrität, Aufrichtigkeit
  • Elan, viele Interessen
  • visionär, freies Denken
  • mag Ideen und leidenschaftliche Diskussionen


Aktivität
  • viel Energie, wenn im richtigen Element (kann in ungünstiger Umgebung verloren gehen)
  • lange Aufmerksamkeitsspanne
  • kann nicht aufhören zu denken
  • braucht Phasen des Rückzugs, des Alleinseins
  • spontan


Soziale Beziehungen
  • hinterfragt Regeln und Autoritäten
  • empfindet sich als anders, nicht in Übereinstimmung mit anders, Gefühl von Entfremdung
  • sehr mitfühlend
  • empathisch, schwingt mit anderen mit, hilft ihnen sich selber zu verstehen

Herausforderungen und Chancen

Wie gehe ich um mit Aussenseitergefühlen, angeknackstem Selbstwert, schlechten Erfahrungen und schwieriger Kommunikation? Welche persönlichen Verhaltensweisen tragen zu einer Verschlimmerung spezifischer Probleme bei, welche zu einer Verbesserung? Wie kann ich meinen Ideen(über)fluss kanalisieren, damit ich ins Handeln komme statt mich selber zu blockieren? Wo geht meine Energie verloren und wie sorge ich dafür, dass sie bei mir bleibt? Welche Erwartungen kann an mich haben, welche natürlichen Grenzen gibt es? Wie kann ich mein Potenzial ganz leben?
Solche und ähnliche Fragen stellen sich oft bei meiner Arbeit mit Hochbegabten und ich zeige Ihnen gerne, wie Sie zu Ihren eigenen Antworten kommen.  

«Die Dinge, die wir sehen, sind dieselben Dinge, die in uns sind. Es gibt keine Wirklichkeit als die, die wir in uns haben. Darum leben die meisten Menschen so unwirklich, weil sie die Bilder außerhalb für das Wirkliche halten und ihre eigene Welt in sich gar nicht zu Worte kommen lassen. Man kann glücklich dabei sein. Aber wenn man einmal das andere weiß, dann hat man die Wahl nicht mehr, den Weg der meisten zu gehen.“ 

Herrmann Hesse


Hochbegabung und Ängste

Hochbegabte leiden insgesamt nicht häufiger unter Ängsten als durchschnittlich Begabte.
Es gibt jedoch spezifische Risikofaktoren:

  1. mehr Stress durch Perfektionismus
  2. höhere Sensibilität (siehe unten)
  3. soziale Herausforderungen
  4. Druck vom Umfeld


Hochsensibilität

Manchmal ist Hochbega­bung mit Hochsensibilität verknüpft.
Es kommt eine intensive Sinneswahrnehmung hinzu und das Leben wird für die Betroffenen eher noch anstrengender. Geräu­sche, Gerüche, Licht, Gefühle anderer Menschen werden früher und viel stärker wahrgenommen. Die tägliche Überflutung durch Wahrnehmungsreize führen zu einer Verarbeitungsüberlastung: es wird mehr aufgenommen, als im Moment verarbeitet werden kann. Der Kontakt mit anderen Menschen kann anstrengend werden. Dies wiederum führt zu Rückzug, der nicht immer auf Verständnis trifft und beim sich Rückziehenden Schuldgefühle bewirken kann. 
Finden Sie also heraus, wie Sie am besten damit umgehen!

>> mehr zum Thema Hochsensibilität



Wie äussert sich Hochbegabung bei Kindern?

  • Häufiges Fragestellen, ausgeprägte Neugierde.
  • Hohes Detailwissen und sehr gutes Verständnis von Zusammenhängen
  • Lernen durch Verknüpfung
  • hohe Motivation und Freude, komplexe Zusammenhänge zu verstehen
  • liebt selbstständiges Arbeiten, hat hohe Ziele
  • Auswendiglernen fällt schwer, weil es langweilt
  • Langeweile bis hin zu Arbeitsverweigerung bei Routineaufgaben.
  • Hang zum Perfektionismus
  • Hohe moralische Ansprüche, starkes Gerechtigkeitsgefühl
  • kritisches Hinterfragen von Autoritäten.
  • Auffälligkeiten in Kindergarten und Schule (z.B. unkonzentriert, da gelangweilt, aggressiv, da unverstanden etc.).
  • fühlt sich schon als Kind unverstanden, Aussenseiter, nicht dazugehörig, fremd
  • häufiges Gefühl von Einsamkeit
  • Devianzerschöpfung - wollen nicht mehr anders sein oder so wahrgenommen werden;  dies kann zu Depression führen, die bisweilen als Ärger externalisiert wird.
  • Als Kind intellektuell weiter entwickelt als Gleichaltrige, emotional aber auf alterstypischem Niveau.
  • Wahl deutlich älterer Freunde.